Sonntag, 29. Juni 2008

Buchbesprechung

Es geht um Millionen. Der englische Autor Frank Cottrell Boyce zeigt, wie schwer es für Kinder ist, sinnvoll über eine Menge Geld zu verfügen, wenn sie nicht gleichberechtigt am Leben der erwachsenen Menschen teilhaben können. Die Kinder in Boyce' Geschichte haben nur begrenzt Zeit, das Geld, das ihnen weiß der Himmel woher zugefallen ist, auszugeben. Denn in etwas mehr als zwei Wochen wird es wegen der Währungsumstellung keinen Wert mehr haben. Für Erwachsene wäre es kein Problem, das Geld in großen Mengen auszugeben. Aber Kinder sollten sich dabei nicht erwischen lassen. Würde ihnen denn auch nur einer glauben, dass sie das Geld ohne Zutun erhalten haben? Und wenn ja, wer würde nicht so moralisch sein und den Geldfund der Polizei melden? Beide Fragen enthält das Buch unausgesprochen. Es wird auch nicht ausgeschrieben, dass es mit der Moral, die Erwachsene gerne predigen, nicht weit her ist. Das wird beschrieben. Wie die Angehörigen einer Glaubensgemeinschaft, die sich aus Glaubensgründen ein Leben in materieller Beschränkung auferlegen, mit dem Geld, das sie aus unerfindlichen Gründen in ihrem Briefkasten finden, ihre Wohnung mit Fernseher, Geschirrspüler und anderen elektrischen Geräten aufrüsten. Sie erklären der Polizei die wundersame Herkunft des Geldes mit einem Wunder. Nur Damian, der die Geschichte aus seiner Sicht erzählt, glaubt wirklich an Wunder. Von ihm wäre die Erklärung mit dem Wunder keine Lüge. Außer für Spielzeug, bei dem die Kinder feststellen, dass es viel zu schnell kaputt geht oder öde ist, versucht Damian, das Geld in eine Immobilie zu investieren, eingesperrte Tiere damit zu befreien und das Geld zu spenden. Es funktioniert wahrscheinlich nur im Buch, dass der Verkäufer in der Zoohandlung einem Kind eine Menge Vögel verkauft, die eine ganze Voliere füllen könnte. Alle anderen Versuche, das Geld sinnvoll auszugeben scheitern, der Immobilienkauf wie die Spende. Da werden Kinder für unzurechnungsfähig erklärt, wenn sie große Mengen Geld spenden, andererseits sind sie die Adressaten einer Spendeneintreiberin. Selbige erklärt hinter den Kulissen, dass sie ihren Job lieber schmeißen würde. Das Leben der Erwachsenen ist nicht das, was es scheint. Selbst der hardworking Familienvater entwickelt am Ende noch ungahnte kriminelle Energie. Durchweg witzig und doch mit dem Ernst des Lebens beladen, liest sich dieses Buch. Wie Inflation an einer Schule funktioniert und noch mehr über Heilige lasst euch besser von Damian erzählen.

Frank Cottrell Boyce: Millionen. (Das Leben ist voller Wunder) aus dem Englischen von Salah Naoura. Erschienen im Carlsen Verlag, 2004 Hamburg

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