Donnerstag, 19. Juni 2008

Wer möchte nicht im Leben bleiben


für moca

Ein Kinderlied mit dem Text von Wera Küchenmeister und der Musik von Kurt Schwaen.


Ich verbinde damit keine DDR-Romantik, sondern ein Kindergefühl, das die ganze Welt mit einschließt. Unabhängig von der Friedensrhetorik im Sozialismus existiert doch wirklich eine Sehnsucht nach Frieden, nach Liebe in der Welt. Alle Menschen sollen es gut haben. Ich wollte das wirklich als Kind und will es noch. Dieser Wunsch ist nicht erst duch irgendwelche Kindergärtnerinnen und Pionierleiterinnen in mir geweckt worden. Wenn Kinder in Liebe aufwachsen, Liebe, die ihnen selbstverständlich gebührt, die sie sich nicht verdienen müssen, dann wissen sie, worauf alle Menschen ein Recht haben und was alle brauchen.

Geliebte Kinder lieben das Leben.

Menschenliebe ist nichts Abstraktes. Liebe ist zwar erstmal nur ein Begriff, aber es lassen sich ganz konkrete Dinge dahinter ausmachen. Die Menschenliebe wächst mit dem Menschen, indem er im Leib einer Frau heranwächst. Dort, wo alles noch eins mit ihm ist und der Mensch sich selbst in Geborgenheit erfährt. Er spürt sich selbst leben. Ich erinnere mich an verschiedene Momente in meiner frühen Kindheit, in denen ich mich selbst gespürt habe, meine Lebendigkeit fühlte. Es geht mir hierbei nicht um die Freudenmomente, sondern um Momente, in denen ich zum Beispiel meinen Herzschlag im Ohr gefühlt und gehört habe. Das war meist im Bett vorm Einschlafen mit dem Kopf auf dem Kissen. Ich habe in der Badewanne die Ohren unter Wasser getaucht und gelauscht. Irgendwie spürte ich auch dann immer sehr stark mich selbst.
Und der Mensch vor seiner Geburt erfährt das Leben um sich herum, welche Reize es für ihn bereithält. Das rhythmische Klopfen, diffuse Geräusche unterschiedlicher Klangqualität, vielleicht gluckernde und vielleicht schmatzende Geräusche, die Stimme seiner Mutter, die über die Resonanzeigenschaften der Knochen ganz nah zu ihm getragen wird, und die Stimmen anderer. Die Hände des ungeborenen Menschen sind vor seinem Gesicht, sind nah am Körper und greifen vielleicht die Nabelschnur, in der es rhythmisch pulsiert. Auch die Füße sind nah. Mit dem Rücken kann sich der Mensch anschmiegen und er wird die Berührung am Rücken in der Regel ein Leben lang mögen und sie wird ihm Entspannung bringen. Und der Mensch erfährt sich getragen und das Klopfen des Herzens der Mutter verlässt ihn nie.

Ist der Mensch geboren, ist es ihm ein wahnsinnig wichtiges Bedürfnis seine Welt zu erkunden. Seine Hände, die schon im Mutterleib ertasteten, tasten in der neuen Umgebung, sein Mund, der schon von Beginn an fühlte und daher Bedeutung hatte, hat weiterhin Bedeutung beim Kennenlernen alles Neuen. Die Unterscheidung von Klangqualitäten wurde schon vor der Geburt erlernt und ist im nachgeburtlichen Leben wichtig. Das junge Kind wendet den Kopf der Stimme der Mutter zu, es unterscheidet weiterhin unbedeutende Hintergrundgeräusche und die Geräusche, denen es gerade lauschen will, rhythmische Klänge beruhigen es und ungewohnte Geräusche wecken seine Aufmerksamkeit.
Bei all der Erkundung der weiter gewordenen Welt, erfährt sich der Mensch nicht zum ersten Mal in eine soziale Struktur gebettet. Die Sozialität setzt sich einfach nur weiter fort und der Mensch ist dafür gemacht, in ihren Strukturen zu leben.
Die Welt wird weiter und auch irgendwie enger. Das Gefühl des all*eins seins wird sich wahrscheinlich irgendwie ändern, wenn der Mensch sich nicht mehr innendrin erlebt, sondern getrennt. Die Trennung und die Öffnung zu einer neuen Welt setzt eine Entwicklung in Gang. Der Antrieb zur Entwicklung steckt in der Sache selbst, es braucht keine Erziehung dazu.

Bei seiner Entwicklung, die Leben heißt, wird ein Mensch andere Menschen und andere Lebewesen achten, so ihm selbst diese Achtung in seiner Familie widerfährt. Menschenliebe hat er im Mutterleib erfahren, sein Grundgefühl dafür erfährt Bestätigung, wenn seine Mutter sein Verlangen wahr- und ernstnimmt. Menschenliebe wird ein Mensch leben, weil im anderen Fall seine Welt in eine Schieflage käme. Es gibt für diese gefühlte und tatsächliche Schieflage unterschiedliche Formulierungen, z.B. "es fühlt sich nicht gut an" oder "falsch" im Gegensatz zu richtig. Die Achtung vor dem Leben ist die Achtung vor (für?) sich selbst und vor anderen. Ein geliebter Mensch gibt sein Leben nicht an Normen, wie ein Leben zu führen sei, und unterwirft das Leben anderer nicht dem eigenen Gutdünken.

Eine Aufnahme des Liedes, die mir besonders zu Herzen geht, weil ich in dem Chor, der das Lied singt, über viele Jahre mitgewirkt habe, findet sich hier, auf den Seiten des Knabenchores der Frankfurter Singakademie. Das Lied singt der Kinderchor der Frankfurter Singakademie im April 1982 zu seinem fünfjährigen Bestehen. Am Klavier begleitet den Chor Gottfried Glöckner (Komponist vieler lustiger Kinderlieder).

1 Kommentar:

sumpffuss hat gesagt…

leider hat der Admin vom Knabenchor bei einem Serverumzug zunächst die Seiten mit den Konzertmittschnitten des Kinderchors nicht mitgenommen und später wohl gelöscht